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Joke Michiel - portret
Joke Michiel
Restaurant Souvenir

Joke Michiel

Totaler Schock, so beschreibt Joke Michiel ihr Gefühl, als sie 2022 den Parabere Care Award in Empfang nehmen durfte. Der internationale Preis wird jährlich an jemanden vergeben, der große Anstrengungen unternimmt, um die Work-Life-Balance in Hotellerie und Gastronomie zu verbessern. „Ich dachte, was wir bei Souvenir machten, sei normal. Durch diese Auszeichnung habe ich erkannt, dass wir beim nachhaltigen Personalmanagement eine Vorreiterrolle spielen. Das Wertvollste an diesem Preis? Er verschaffte mir eine Bühne, auf der ich meine Vision teilen konnte. So kann ich zu einer dringend notwendigen Mentalitätsänderung in unserer Branche beitragen.“

Nachhaltige Gastronomie und nachhaltige Personalpolitik

Souvenir ist ein kleines Feinschmeckerrestaurant in Gent. In der Küche steht Küchenchef Vilhjalmur Sigurdarson. Das Menü wird inspiriert vom Rhythmus der Natur. Das Gemüse der Saison verwandelt der Chef in avantgardistische Gerichte, die 2019 mit einem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet wurden. Im Jahr darauf folgt ein grüner Stern für nachhaltige Gastronomie. „Aber ein Restaurant darf sich nicht einfach als nachhaltig bezeichnen, nur weil sein Gemüse biologisch angebaut ist“, meint Michiel, die sich um die Personalpolitik kümmert.

„Ein Restaurant, dem die Karotten wichtiger sind, als das Personal, ist in meinen Augen nicht auf dem richtigen Weg. Deshalb möchte ich eine Lanze für einen anderen Umgang mit dem Personal brechen: Die Gastronomie darf kein Sektor sein, in dem man nach einigen Jahren Knochenarbeit ausgelaugt ist und nach einem „echten Job“ sucht, oder aus dem man aussteigt, weil man Kinder haben will.

Joke Michiel

Fokus auf Persönlichkeit und Wertschätzung

"Wir bringen viel von unserer Persönlichkeit in die Arbeit ein, das verdient mehr Wertschätzung.”

So weiß das Personal von Souvenir genau, wann der Arbeitstag endet, es arbeitet nach einem festen Dienstplan. „Gäste können nach dem Essen nicht endlos hockenbleiben. Wenn sie nach unserer Schließungszeit weitertrinken wollen, verweisen wir sie gern an einige nette Bars in der Nachbarschaft. Manchmal wundern sich die Leute, aber wenn wir ihnen erklären, dass wir unsere Mitarbeitenden nicht endlose Schichten schieben lassen wollen, zeigen sie meistens Verständnis. Ich sehe darin eine Form der Sensibilisierung.“ So ändert sich auch die Mentalität der Kunden. „Wir brauchen dringend mehr Respekt für Menschen, die in Restaurants arbeiten. Allzu oft denken die Leute, jemand arbeite in einem Restaurant, ‚weil er oder sie nichts Besseres gelernt hat‘. Dabei erfordert dieser Beruf viel Wissen. So ist ein Sommelier nicht nur Experte für Geschmack, sondern auch für Geografie und Chemie. Wir bringen viel von unserer Persönlichkeit in die Arbeit ein, das verdient mehr Wertschätzung.“ Wenn Kunden ihr Personal schlecht behandeln, ist Joke Michiel unerbittlich. „Bei einer sexuellen oder rassistischen Anspielung greife ich sofort ein. Meine Leute müssen sich schließlich in meinem Restaurant sicher fühlen. Ja, ich habe sogar schon einmal Gäste mitten im Menü vor die Tür gesetzt. Wenn es zu weit geht, verliere ich lieber die Einnahmen, als die gute Stimmung im Team zu gefährden.“

Zusammenarbeit ohne Machtverhältnis

Auch Auszubildende werden bei Souvenir als gleichwertige Teammitglieder behandelt. „Wir lassen Menschen während der Ausbildung nicht tagelang Gemüse putzen. Sie kommen zum Lernen, wir sorgen dafür, dass sie alle Facetten der Küche kennen lernen. Innerhalb des Teams gibt es keine Hierarchie. Ich will nicht, dass sich jemand über andere stellt. Wir arbeiten zusammen, um dem Kunden die bestmögliche Erfahrung zu verschaffen, dabei helfen Machtverhältnisse nicht.“

Personalmangel ist ein großes Problem im Gastgewerbe. Michiel sieht das selbstkritisch: „Sie müssen sich die Frage stellen: Bin ich Teil des Problems oder möchte ich Teil der Lösung sein? Es ist noch ein Tabu, darüber zu sprechen; lieber halten wir uns diesbezüglich bedeckt. Das ist für mich eine große Herausforderung. Ich möchte mein Wissen mit einer neuen Gastronomengeneration teilen. Wenn Sie die Regeln richtig anwenden, können Sie mit einem zufriedenen Team, das stolz auf seinen Job ist, ein rentables Geschäft haben.“

Sternerestaurant mit Work-Life-Balance

Um die eigene Work-Life-Balance zu gewährleisten, ist das Restaurant am Wochenende geschlossen. „Wir haben drei Kinder: Wenn wir am Wochenende arbeiten würden, wäre keine Zeit mehr für die Familie. Indem wir die Öffnungszeiten genau abgrenzen, können wir nach dem Mittagsservice die Kinder von der Schule abholen. So bleiben Familie und Beruf vereinbar.“ Auch die Gleichstellung der Geschlechter ist ein Punkt, an dem die Gastronomie arbeiten muss.

„Wenn man einen Stern bekommt, wird der automatisch dem Küchenchef zugeschrieben, obwohl ein ganzes Team für ein einzigartiges Restauranterlebnis sorgt. Allzu oft gelte ich als „die Frau von“, dabei ist mein Beitrag zu Souvenir unverzichtbar. Es bleibt noch viel zu tun, aber ich habe Lust, weiter daran zu arbeiten. Das kann unserer Branche nur guttun.“

"Es bleibt noch viel zu tun, aber ich habe Lust, weiter daran zu arbeiten. Das kann unserer Branche nur guttun."

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